Hat es ihn wirklich gegeben, den Anruf? Ein Hauptkommissar
berichtete dem Ausschuss, der die Geschehnisse der Silvesternacht in Köln
untersuchen soll, am Neujahrstag habe ein Beamter der Leitstelle in der Kölner
Kriminalwache angerufen und harsch gefordert, die Nachricht über die
Vergewaltigung einer jungen Frau in der Silvesternacht aus der „WE“-Meldung(Meldung wichtiger Ereignisse) zu streichen.
Es ist noch immer nicht bekannt, wer der
Anrufer war und ob es ein solches Ansinnen tatsächlich gegeben hat. Doch kaum
einer, der in den letzten Monaten mit einem Mitglied unserer Ordnungshüter
gesprochen hat, dürfte so etwas für gänzlich unplausibel halten. Es gibt längst
einen inoffiziellen Maulkorberlass, wonach möglichst nichts Strafbewehrtes an
die Öffentlichkeit gelangen soll, an dem, um es ganz vorsichtig auszudrücken, mutmaßliche
Täter beteiligt sein könnten, die einen mutmaßlichen Hintergrund haben, der
nicht als urdeutsch anzusehen ist.
Wie der Maulkorb begründet wird? Wahrscheinlich gar nicht,
aber jeder hat ja bereits von einem unserer Politiker gehört, dass man vor
allem dafür sorgen müsse, dass „die Rechten“, vulgo: die biodeutschen Rechten, hier
nichts „instrumentalisieren“ können.
Der Zorn ausführender und ausputzender Organe bei der
Polizei über diese Verschleierungstaktik dürfte mittlerweile enorm sein. Gerade
jene, die es für nötig halten, zu betonen, dass sie nicht „rechts“ sind und die
sich bemühen, ihren Ärger in eine möglichst keinen Anstoß erregende Sprache zu
kleiden – und deren Sätze übrigens nie mit diesem albernen „das wird man doch
wohl noch sagen dürfen“ enden – fühlen sich tief in ihrer Ehre getroffen. Sie
verstehen nicht, warum sie leugnen müssen, was für sie erlebter Alltag ist: sie
begegnen nicht nur hoher Kriminalitätsneigung, sondern auch höchster
Respektlosigkeit auf Seiten junger Männer, die auf welcher Route auch immer in
den vergangenen Jahren nach Deutschland gelangt sind. Ihrer habhaft zu werden
ist nicht leicht, sie zur Rechenschaft zu ziehen noch weniger.
Vor Gericht
erfahren sie Milde, sofern sie überhaupt dorthin gelangen, was sie im Gefühl
bestärkt, in Deutschland im Paradies leben, wo ihnen alles erlaubt ist.
Ein Polizist jedoch, der auch nur die Waffe zieht, muss mit
einer langen und überaus gründlichen Überprüfung rechnen. Wir lassen uns in
einem Rechtsstaat keine obrigkeitsstaatliche Willkür nachsagen. Das ist auch
gut so, es setzt allerdings etwas voraus, das derzeit nicht mehr
selbstverständlich ist: dass sich nämlich die meisten Bürger im Prinzip darüber
einig sind, dass die Gesetze für alle gelten und dass Anstand der Normalzustand
ist.
Auf Menschen aber, die dort, wo sie herkommen, Gewalt als
Normalzustand erleben, die keine rechtsstaatlichen Strukturen kennen oder gar
einen Staat, vor dem sie Respekt haben können, wirkt die hiesige Polizei offenbar
wie eine Ansammlung von Schießbudenfiguren, auf die man fröhlich draufhalten
kann, sie dürfen sich ja nicht wehren. Der Rechtsstaat? Ein Papiertiger. Im
besten Fall bietet er ein langatmiges Procedere an, das man sich nutzbar machen
kann, etwa, um eine Abschiebung so lange wie möglich hinauszuzögern.
Für einige ist das, was wir zu schätzen gelernt haben, die
Errungenschaften einer zivilen Gesellschaft nämlich, ein Zeichen für
Verweichlichung und Dekadenz. Die Silvesternacht in Köln hat das in aller Fülle
demonstriert.
Unter Honecker wäre das nicht passiert? Unter Erdogan auch
nicht. (Ironie off)
Nun ist die deutsche Polizei im Ernstfall mitnichten
schäfchenweich. Und doch tritt sie öffentlich anders auf als noch vor zwei,
drei Jahrzehnten. Bei den in der Studentenbewegung und deren radikalisierten
Nachfolgesekten sozialisierten Grünen stand jahrelang die Abschaffung des
„Gewaltmonopols des Staates“ im Programm – ein Missverständnis, das sich gewiss
auch der Erinnerung an die Prügelexzesse der „Bullen“ etwa beim Besuch des
persischen Schahs 1967 in Berlin verdankt. Eines der Opfer: der Student Benno
Ohnesorg, offenkundig anlasslos in den Hinterkopf geschossen von einem
Kriminalobermeister namens Karl-Heinz Kurras. Der
entpuppte sich später als Mitglied der SED und inoffizieller Mitarbeiter des
Ministeriums für Staatssicherheit. Ob er einen Auftrag erhalten hatte, etwas zu
tun, was zur Eskalation beitragen und die „BRD“ als Polizeistaat erscheinen
lassen würde, bleibt Spekulation. Doch es würde passen. Die radikalen Studenten
dürften vielen Politikern als „5. Kolonne“ der DDR erschienen sein, dem Gegner
jenseits der Mauer, von dem man wusste, dass er sich mit großer Energie in die
inneren Angelegenheiten Westdeutschlands einmischte, dass er im Westen nicht
nur inoffizielle Mitarbeiter, sondern auch jede Menge Mitläufer anwarb und
Desinformationskampagnen betrieb, die keineswegs wirkungslos blieben. Dazu
gehörte, den westdeutschen Staat als von Altnazis betriebenes Gewaltregime
hinzustellen.
Es ist bekannt, dass die SED nicht nur mit Geld und guten
Worten in die Studentenbewegung und nicht zuletzt in die Terrorsekten RAF und Bewegung
2. Juni hineinwirkte. Doch die wenigsten, die damals eher unpolitisch
mitdemonstrierten und die sich nun einem offenbar unverhältnismäßig tobenden
„Bullenstaat“ gegenüber sahen, vermochten Verständnis dafür zu entwickeln, dass
man in ihnen den politischen Gegner niederknüppelte. Der Flurschaden, den das
„Durchgreifen“ der Obrigkeit bewirkte, war anhaltend und enorm.
Nicht nur bei den Niedergeknüppelten blieb hängen: Gegen
einen „Polizeistaat“ darf man Widerstand leisten. Die Schrumpfform dieses Gedankens
animiert noch heute die Antifa, wo man sich, ganz im Sinne der Vorväter von
68ff., die Bullen platt wie Stullen
wünscht.
Ein grobes Missverständnis, bei den Grünen mittlerweile
stillschweigend korrigiert. Denn das staatliche Gewaltmonopol ist eine zivilisatorische
Errungenschaft, die man hochhalten sollte, angesichts von Bürgerkrieg und
bürgerkriegsähnlichen Zuständen in all den „failed states“ in näherer oder
fernerer Nachbarschaft. Dass nur der Staat das Recht hat, sich des Mittels
physischer Zwang zu bedienen, ist die letztendliche Garantie rechtsstaatlicher
Verfahren. „Gewaltmonopol“ heißt ja nichts anders, als dass niemand das Recht
in die eigenen Hände nehmen darf, dass Blutrache und Familienfehde, Duell und Lynchjustiz
ausgeschlossen sein müssen. Selbst Notwehr gilt heutzutage nur in sehr
eingeschränktem Maß als legitim – eine Empfindlichkeit, die sich allerdings nur
ein Gemeinwesen leisten kann, in dem es ein Höchstmaß an Sicherheit im
öffentlichen Raum gibt.
Die Geltung des staatlichen Gewaltmonopols ist nicht
voraussetzungslos. Und: Sie hängt davon ab, dass es im Ernstfall auch ausgeübt werden
kann.
Die Zweifel daran wachsen. Ein Staat, dessen Regierung
lauthals verkündet, dass man seine Grenzen nicht schützen könne; eine
Regierung, die ein freundliches Gesicht zeigen will, aber nicht dafür sorgt,
dass man weiß, wer und warum in dieses Land einwandert, und Politiker, die sich
der Tatsache nicht gewachsen zeigen, dass Menschen aus anderen Kulturkreisen
ein Verhalten an den Tag legen, das man hierzulande nicht gewohnt ist und nicht
gewohnt sein will, tragen, höflichst gesagt, nicht zum Sicherheitsgefühl der
Bevölkerung bei.
Ich wünsche mir die Zeiten nicht zurück, als deutsche
Polizisten in allem, was sich ein wenig allzusehr bewegte, rotes Gesindel und
Gelichter zu sehen hatte, was es gnadenlos niederzuknüppeln galt. Ich glaube
allerdings ebenso wenig, dass ein freundliches Gesicht der Kanzlerin, hohe
Kommunikationskompetenz der Polizei und verschärfte Sensibilität für
Täterpsychen ausreichen, um ein Zeichen zu setzen, das auch in weniger
sensibilisierten Kreisen ankommt.
So in etwa: „Kommst du mir blöd, bist du raus.“ Die Härteren sagen sonst womöglich gleich „Welcome to earth“.
Zuerst auf wiwo online,
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