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Donnerstag, 15. September 2016

Die AfD bringt Leben in die Bude

Eine noch nicht einmal vier Jahre alte Partei bringt die verkrusteten Verhältnisse zum Tanzen. Und das ist gut so.

Die AfD stabilisiert das System. Wer die parlamentarische Demokratie in der Tiefe seines Herzens für alternativlos hält, sollte das erst einmal vorbehaltlos begrüßen. Denn die Wähler haben mit dieser Partei endlich wieder die Möglichkeit erhalten, die Demokratie vorsieht: nicht nur das schon länger vorhandene Angebot zu wählen, sondern auch, es abzuwählen. Die AfD ist tatsächlich eine Alternative, mit der man den bestehenden Parteien kund tun kann, dass man mit der Konsenspolitik der letzten Jahre nicht zufrieden sind. Sie ist systemkonform – oder wäre ihren Kritikern außerparlamentarische Opposition aller Orten a la Pegida lieber?

Kurz: es gibt Konkurrenz, und die belebt nicht nur das Geschäft.

Das Haar in der Suppe ist natürlich schnell gefunden. Denn die AfD stärkt das System auch auf durchaus negative Weise: hält sich die Partei, ohne eine regierungsfähige Größe zu werden, gibt es GroKo bis ultimo, ergänzt vielleicht von handzahmen Grünen oder Rotroten.

Doch darüber zu reden ist derzeit müßig. Die AfD ist nicht regierungsfähig und sie will es auch gar nicht sein. Sie will auf andere Weise Einfluss nehmen: indem sie Themen auf die Agenda setzt, denen die Altparteien (und die sie begleitenden Medien) am liebsten ausweichen würden. Sie besetzt die Lücke, die andere gelassen haben, nicht nur, aber sicher vor allem das mittlerweile unendlich weite Feld rechts von der Merkel-CDU. Ganz nebenbei hat sie die NPD überflüssig gemacht, bis dato für manch einen die einzige Möglichkeit, mit der Wählerstimme Protest auszudrücken – eine hygienische Maßnahme, die man begrüßenswert finden kann.

Vor allem gibt es endlich wieder eine Opposition in wichtigen Fragen der Nation, vom Euro über die EU und die „Energiewende“ bis hin zum Staatsversagen in der zu Unrecht so genannten Flüchtlingsfrage. Die CSU wäre die einzige politische Kraft, die der AfD in diesen Fragen entgegentreten könnte. Doch täte sie es, wäre ihr Ende gewiss. Auch für die CSU ist die AfD nützlich.

Doch wie Herdentiere, die aus Angst vor dem Tod Selbstmord begehen, leisten sich Politiker und manch ein Medienmensch wie im Wahn den Fehler, den man in einer Demokratie nicht machen sollte: das Volk wird beschimpft. Nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern hieß es prompt und mit nur schwach gebremster Menschenverachtung, hier hätten sich ja nur die minderbemittelten Dumpfdeutschen ausgetobt, die Zukurzgekommenen und Frustrierten der Nation. Pack und Pöbel.
Der aufgeklärte Metropolenmensch, der täglich Umgang mit Multikulti pflegt, amüsiert sich am meisten mit dem Argument, das seien doch alles Menschen, die vor etwas Angst hätten, dass sie noch nie gesehen haben. Bämm! Das sitzt, gell?

Nun ist es alter Brauch in Deutschland, insbesondere in seinem westlichen Teil, Angst zu haben vor etwas, das einen nicht betrifft, sei es ein Tsunami in Japan oder ein Sack Reis in China. Und mit Angst vor einer Klimakatastrophe macht eine ganzer industriell-ökologischer Komplex mitsamt Beraterindustrie blendende Geschäfte.

Neuerdings aber finden Politiker Angst nur dann prima, wenn sie selbst es sind, die sie schüren.
Doch seit wann muss man persönlich kennen, was man fürchten darf? Und sollte man nicht selbst dem einen oder anderen dumpfdeutschen Wähler unterstellen dürfen, dass er persönliche Betroffenheit von einer Analyse der politischen Lage unterscheiden kann? Es gibt Gründe, jugendliche Zuwanderer zu fürchten, wenn sie in angeheiterten Massen auftreten. Angst haben muss man jedoch vor allem vor einer Regierung, die den Kontrollverlust über die eigenen Grenzen nicht nur hinnimmt, sondern nachgerade für alternativlos hält.

Genau darum geht es – um die wachsende Proteststimmung im Land, die sich ein Ventil sucht. Am wenigsten hilfreich ist die Diskussion über einen „Rechtsruck“ in Deutschland, jedenfalls nicht, wenn man den Linksruck der Merkel-CDU außer acht lässt. Denn das meiste, was man heute der AfD vorhält, kann man der CDU (und Angela Merkel) vor, sagen wir: zehn Jahren vorhalten. Angela Merkel fand starke Worte gegen „Multikulti“, wollte ungezielte Einwanderung unterbinden und war so "völkisch", wie es sich für eine Politikerin gehört, die Kanzler Deutschlands werden will, der sich per Amtseid mit aller Kraft dem Wohle des deutschen Volks zu widmen hat. 

Kurz: erst jenseits der eingeübten Reflexe lässt sich über anderes reden. Zum Beispiel über die AfD.
Ja, dort gibt es dubiose Gestalten und eigenartige bis widerwärtige Auffassungen. Doch niemand muss mit einer Partei in toto einverstanden sein, wenn er sie nur deshalb wählt, weil er die anderen erst recht nicht wählen kann.

Im übrigen ist das, denkt man an die Grünen, wahrscheinlich bei allen Parteineugründungen so, die auch Menschen anziehen, die es sonst zu nichts gebracht haben, auch nicht zur Ochsentour durch die etablierten Parteien. Die Grünen waren die erfolgreichste Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der 80er Jahre, ohne sie hätten es nie so viele Menschen in den Bundestag geschafft, die nichts gelernt und keinen Beruf ausgeübt und auch sonst von Tuten und Blasen keine Ahnung hatten, die den Kampf gegen das Gewaltmonopol des Staates für eine prima Sache hielten, Päderastie und die PLO unterstützten und zwischen gewählten Abgeordneten und Partei nicht unterscheiden konnten. Ihnen das nach all den Jahren vorzuhalten, wäre unanständig. Die Grünen müssen sich Kritik für das gefallen lassen, was sie heute sind. Einige dort sind noch immer linke Weltverbesserer, die leider in die Lage geraten sind, Schaden anzurichten.

So weit ist die AfD noch nicht, und es wird von den anderen Parteien abhängen, ob sie jemals so weit kommt. Mit dem Lernprozess ihres Personals aber wird man rechnen dürfen.





Dienstag, 26. November 2013

Zurück zu den Wurzeln

In jedem Hotelklo wird die Welt gerettet und für unsere Umwelt gespart, ob an Handtüchern, Klopapier oder Spülung. Die Frauenquote gilt, egal, was Frauen davon halten. Und geraucht wird nur draußen. Also bitte: Die Grünen haben an allen Fronten gesiegt! Was wollen sie mehr?
Besser gefragt: wozu braucht man sie noch? Den Todesstoß versetzte ihnen Angela Merkel schon vor Jahr und Tag, als sie den Abschied von der Atomkraft verkündete. Das, die Anti-AKW-Bewegung, war einmal das Herz der Grünen und der Punkt, an dem Ökos und K-Grüppler einst zusammenfanden. Und nun das Ende. Grün hat sich zu Tode gesiegt. Das, womit sie früher einmal Neuland betraten, gehört mittlerweile zur Standardmöblierung der Parteienlandschaft.
Fast möchte man den Alternativgrünen von damals ein Tränchen hinterherweinen, den Waldschraten, Wallebärten und Strickliesels. Denn auch eine Partei wie keine andere sind die Grünen schon lange nicht mehr. Sicher, im Zuge der Normalisierung haben sie nicht nur liebenswerte Schrulligkeiten, sondern auch fundamentale Missverständnisse abgelegt – etwa über Sinn und Zweck eines Gewaltmonopols des Staates oder über den Nutzen frei gewählter und von der Partei unabhängiger Abgeordneter. Aber sind sie deshalb gleich zum politischen Doppelsprech verurteilt, der die Bündnisgrünen heute genauso öde macht wie all die anderen?
Bei näherer Betrachtung könnte man auf die Idee kommen, dass sich ihr Markenkern genau darin beweist: in der frömmelnden Floskelei vom Guten, Wahren und Schönen. Und gerade das haben die anderen Parteien von den Grünalternativen gelernt.
Deren Unwiderstehlichkeit bestand ja nie in ihren „Themen“ allein, sondern im Anspruch auf ihre Alleinvertretung. Wer sich mit tiefer Überzeugung in die Brust wirft und die Rettung der Welt, der Natur, der Frauen, also der Menschheit verspricht, dem kann man schwerlich widersprechen: wer möchte es sich schon mit den Ganz Großen Dingen verderben? Also! Die Grünen haben, ganz im Sinne einer „Politik in der ersten Person“, die persönliche Betroffenheit, das Gefühl und die Moral vor den kalten „Sachzwang“ und die noch kälteren Interessen gestellt. Das Ergebnis ist ein Programm mit Kuschel-Optik – für die Empfehlung eines „Veggie-Days“ gebührt ihnen deshalb eine Auszeichnung für die erfolgreiche Infantilisierung der Politik.
Doch mittlerweile menschelt es sogar bei den Liberalen, die sich „mitfühlenden Liberalismus“ verordnet haben. Alle Parteien scheinen den Begriffswandel des Politischen hinzunehmen, der sich darin ausdrückt. Dabei heißen sie Parteien, weil im Parlament Repräsentanten unterschiedlicher Interessen, also „parteilich“ miteinander konkurrieren sollen. Heute konkurriert man nur noch um die gelungene Darstellung moralischer Untadeligkeit und sozialer Wärme – und Interesse, das einst Ausweis für Ehrlichkeit war, ist ein schmutziges Wort geworden.
Es ist bezeichnend, dass in den derzeitigen Verhandlungen um die „Groko“ – ein Wort, das lautmalerisch ausdrückt, wonach manch einem dabei ist – keine einzige Frage verhandelt wird, die mehr als symbolischen Wert hat. Weder spricht man über Europa und den Euro, noch über die Schuldenkrise, noch über die dramatisch gescheiterte „Energiewende“, auf die gerade die Grünen so unkritisch stolz sind. Dass die gigantischen Subventionen, die dabei im Spiel sind, Zocker anlocken – windige Investoren bis hin zu den Hell’s Angels und der Mafia – verwundert niemanden, der rechnen kann. Auch nicht, dass die Ökoindustrie mittlerweile eine mächtige Lobby unterhält.
Hier liegt womöglich der eigentliche Grund, warum die Grünen verzichtbar geworden sind. Wenn noch nicht einmal eine Partei, in der „Natur“ einst hoch firmierte (was immer jeweils darunter verstanden wurde) zur Kritik am Desaster der „Energiewende“ fähig ist, dann hat sie ihren letzten Daseinszweck verfehlt. Wer Natur und Umwelt einer unausgereiften Technologie opfert, weil es um ein angeblich höheres Ziel gehe, hat sich vom „grünen“ Gedanken verabschiedet. Und von der Nachhaltigkeit: der irgendwann nötige Rückbau der Windkraftanlagen wird der vorhandenen Zerstörung ganzer Landschaften eine weitere, kostenträchtige hinzufügen. Aber so ist das eben, wenn man im „Gattungsauftrag“ unterwegs ist: da müssen halt Opfer gebracht werden, das hat schon Lenin so gesehen. Opfer der anderen, natürlich.
Wenn die SPD nicht achtgibt, wird sie den Grünen in den Abwärtssog folgen. Auch die SPD sah sich im 19. Jahrhundert als Vertreterin der Menschheit. Erst nach 1945 reifte sie zu einer Partei, die im besten Sinne Interessen vertrat, nämlich die der Industriearbeiterschaft (und damit auch der Wirtschaft). Mit den Gewerkschaften zusammen wurde sie zum Garant der sozialen Marktwirtschaft. Gewiss, die Treue zum Steinkohlebergbau war irgendwann anachronistisch. Und der Kampf für einen „Mindestlohn“ riecht nach der alten Gewerkschaftsstrategie, Einsteiger, die mit niedrigen Löhnen in den Markt drängen, wegzubeißen. Im Grunde aber hat die SPD ihre Klientel der Facharbeiter und Handwerker, Techniker und Ingenieure längst verlassen und verraten. Statt dessen grast sie ebenso wie alle anderen bei den Staatsabhängigen und den städtischen Milieus, in denen man heute immerhin auch andere Weine als die aus der Toscana kennt.
Die Partei des Fortschritts, die sie einst sein wollte, ist sie schon lange nicht mehr. Sonst wären es die Sozialdemokraten, die ein Ende der absurden Energiepolitik forderten - im Vertrauen auf die deutsche Ingenieurskunst, deren Erfindungsreichtum längst zu besseren Lösungen des Energieproblems geführt hätte, wären nicht die Gelder in die falsche Richtung geflossen. Statt dessen schaut die Partei gelassen zu, wie dem Wirtschaftsstandort Deutschland Schaden zugefügt wird. Heute scheint der Partei alles andere wichtiger zu sein als Arbeitsplätze.
Im Blick auf die Zukunft wünscht man sich ein Zurück zum alten Markenkern: zurück zur Natur bei den Grünen. Dass sie sich in einer Koalition mit der hessischen CDU zu einer neuen liberalen Kraft entwickeln, ist zu viel gehofft. Und zurück zum Fortschritt bei der SPD. Dafür ist Opposition eine gute Ausgangsposition. Hessen vorn!
Im Vertrauen: das Erbe der gescheiterten Energiewende und der nutzlosen Klimapolitik kann man getrost der Kanzlerpartei überlassen.

Wir Untertanen.

  Reden wir mal nicht über das Versagen der Bundes- und Landesregierungen, einzelner Minister, der Frau Kanzler. Dazu ist im Grunde alles ge...