In einem deutschen Nachrichtenmagazin jubelt es: „Die alte, bipolare Welt, in der Männer noch Männer waren und Frauen nur Frauen, ist vorbei – und was heutzutage ‚normal‘ ist, muss neu verhandelt werden.“ Schade, dass sich mit der Natur nicht verhandeln lässt, die das mit der „Geschlechterpolarität“ angerichtet hat. Auch Menschen, die noch nicht so verfeinert sind wie deutsche Großstadtbewohner, die was mit Medien machen, lassen ungern mit sich verhandeln: Für viele neuerdings Eingewanderte mit dem entsprechenden „Hintergrund“ ist eine Frau, die sich lose bekleidet und ohne männliche Begleitung auf der Straße aufhält, Freiwild – und die Brüder, Männer, Väter, die diese Frauen nicht beschützen (können), Weicheier. Jede Attacke auf eine Frau zielt auch auf die Demütigung des (deutschen, westeuropäischen, metropolen) Mannes. Ob der das schon gemerkt hat?
Es ist das alte Lied: Der Vorteil liegt, ganz wie im Krieg, stets bei jenen, die die Regeln brechen: So siegte Napoleon.
Klar, ich mag sie irgendwie auch, die total fluiden Männer mit den Wollmützen auf dem Kopf und dem Baby vor dem Bauch. Ich fürchte nur, dass dieses Rollenmodell dem Angriff des Archaischen nicht lange standhalten wird.
Ganz offenbar blieben deutsche Frauen 2017 zu Silvester in großer Zahl zuhause. Ist ja nur vernünftig – und zugleich die Bestätigung des Gesellschaftsbildes der Angreifer: Sie gehört ins Verborgene und ins Haus, die Frau.
„Dekadenz“ nennt man, wenn eine Gesellschaft vergisst, dass ihre Sitten und Gebräuche vom Wohlwollen (oder der Ignoranz) aller anderen abhängen (oder von fest geschlossenen Grenzen). Die „Barbaren“ stehen, wie so häufig in der Geschichte, vor der Tür (nein, das ist keine rassistische Beleidigung), lachen über die sittliche Verfeinerung und bringen Archaisches ins Spiel: Männer rauben Frauen, wenn Männer sie nicht beschützen (können).
Was bleibt? Die fluide Metropolenfrau lernt heutzutage besser Krav Maga, als sich auf den fluiden Mann zu verlassen.
Zuerst in: Weltwoche 2/18.
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