Fahrverbote für Dieselautos? Warum nicht gleich auch für die
Benziner?
Die populistische Lust am Verbot ist nicht zu übersehen.
Dabei haben wir es hier mit dem gleichen Problem zu tun wie mit der
überstürzten „Energiewende“: die für eine Verkehrswende nötige Infrastruktur
fehlt.
Dabei verstehe ich die Abneigung gegen die Automobilität insbesondere
bei Menschen in Großstädten, wie zum Beispiel Frankfurt am Main, die täglich
hunderttausende Pendler verkraften müssen. Wer tagsüber in seinem Quartier
erlebt, wie der Bürgersteig zur Parkfläche wird, ist für jedes Auto weniger
dankbar. Stadtbewohner brauchen ja meistens auch keins, wenn der Supermarkt um
die Ecke liegt und alle anderen Ziele bequem mit der U-Bahn zu erreichen sind,
sofern man nicht das Fahrrad bevorzugt. Im übrigen ist der Weg zum Hauptbahnhof
nicht weit, wozu also noch eine Blechkiste? „Volk ohne Wagen“ lautet der Titel
eines Buchs zum Thema. Der Autor hält das für erstrebenswert.
Wir Landeier sehen das anders. Bei uns fährt keine U-Bahn
und durch den Bahnhof rauscht nur der Heckenexpress. Im nächstgelegenen Ort
gibt es zwar gleich drei Supermärkte, zur nächsten Buchhandlung aber sind es
schon zwanzig Kilometer und in die Großstadt kommt man in einer knappen Stunde
über die Autobahn.
Aber da will man uns ja nicht mehr.
Wer unsereins durchaus vermisst, ist der städtische
Einzelhandel. Während die Autogegner die Parkgebühren ins Unermessliche steigen
lassen wollen, wünscht sich der Einzelhandel schon lange das glatte Gegenteil. Denn
potentielle Käufer gehen frustriert über die hohen Kosten eines Stadtbesuchs dahin,
wo das Parken nichts kostet: in die Einkaufszentren am Rande der Stadt. Das ist
natürlich auch eine Lösung: die Innenstädte so unattraktiv machen, dass niemand
mehr dort hin will.
Immerhin: dort, wo es eine pittoreske Altstadt und deshalb Tourismus
gibt, überlebt die eine oder andere Boutique mit Kitsch und Klamotten. Der
Rest: Telefonläden und Kneipen.
Doch ist an der Verödung der Innenstädte nicht vielmehr der
Onlinehandel schuld?
Doch, auch, natürlich. Der hat im übrigen seinen gehörigen
Anteil am Verkehrschaos in den Städten, wo die Kurierdienstautos schon mal in
der zweiten oder dritten Reihe parken, um den Autoverächtern die Dosen mit dem
Hundefutter und die Säcke mit dem Katzenstreu in die dritte Etage zu liefern.
Das mag allerdings noch das geringste Problem sein.
Onlinehändler wie Amazon sind zwar extrem kundenfreundlich und haben damit
Maßstäbe gesetzt, etwa was Retouren betrifft. Auf dem Land ist der Onlinehandel
schier unentbehrlich, sein Vorteil: er reduziert den Individualverkehr in die
nächstgrößere Stadt. Sein Nachteil ist offensichtlich: Er verlegt das Warenhaus
auf die Straßen, die im übrigen oft in einem Zustand sind, der an die
Straßenverhältnisse in der DDR selig erinnert. Nicht nur deshalb hat das System
längst seine Grenze erreicht. LKW-Fahrer werden händeringend gesucht,
Kurierfahrer ebenfalls, die unerhört schlecht bezahlt werden, ihr Pensum oft
nicht schaffen und mit der deutschen Sprache Schwierigkeiten haben.
An alledem wird auch die herbeigebetete Elektromobilität
nichts ändern. An deren Effizienz darf man auch aus anderen Gründen zweifeln.
Zum einen ist die Speicherkapazität der Batterien noch immer zu gering. Zum
anderen brauchen sie anstelle von Benzin oder Diesel Strom. Der kommt noch
immer vor allem aus Kraftwerken, die aus Kohle, Öl oder Gas Strom erzeugen. Die
Abgase kommen bei Elektroautos also nicht mehr aus dem Auspuff, sondern aus den
Kaminen der Energieerzeuger. Die als sauber geltende Windkraft aber leidet
gleich unter mehreren Problemen: sie liefert unzuverlässig und ihr fehlt das,
was auch der Verkehrswende fehlt: die Infrastruktur. Der Strom kommt dank
fehlender Leitungen nicht dort an, wo er gebraucht wird.
War Deutschland nicht einst ein Land der genialen
Ingenieure? Heute scheinen die guten Absichten wichtiger zu sein als das
geduldige Bohren dicker Bretter auf der Suche nach einer Lösung, der letzte
Schritt wird vor dem ersten getan.
Übrigens: Die Deutsche Bahn, die gepriesene Alternative,
erhöht die Preise. Ihre Zuverlässigkeit hat sie längst eingebüßt. Und das wird
nicht besser werden, wenn in den nächsten Jahren nötige Wartungsarbeiten
anfallen.
Volk ohne Wagen? Na dann viel Spaß.
Zuerst auf: NDR-Info, 7. Oktober 2018
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen