„Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zu Pflicht!“ Das, in ungelenken Großbuchstaben, auf ein weißes Banner gesprüht. Dahinter ein Häuflein lachender Demonstranten. Studenten, engagiert protestierend. Widerstand – gegen Studiengebühren.
Immer heiter, immer weiter: Widerstand ist machbar, Frau Nachbar! So wird einem der Niedergang des einst auratischen Wortes geradezu im Marschtritt eingebleut. Widerstand ist eben, was jedes brave Kind tut, dem man früh beigebracht hat, dass „aufmüpfig“ sein zur Charakterbildung beiträgt. Auch wenn geplagte Elterngenerationen seit langem die Vorzüge der elterlichen Autorität wiederentdeckt haben, gilt im Alltagskonsens Widerstand als Pflichtprogramm: Gegen die herrschende Ordnung, den Kapitalismus, die Konsumgesellschaft, gegen Rechts sowieso, gegen das Böse allemal. Und überhaupt.
Die Grünen haben einst das „Gewaltmonopol des Staates“ abschaffen wollen. Nicht unbedingt, weil sie Lynchjustiz den Vorzug gaben. Sondern weil sie, der Hitlerzeit eingedenk, Widerstand gegen die Obrigkeit zu den Menschenrechten zählen. Die Obrigkeit aber, immer verdächtig, war und ist kein Objekt der differenzierenden Betrachtung.
Dabei ist das staatliche Monopol der Gewaltausübung am Ende des Mittelalters ein Sieg der Zivilisation gegen Selbstjustiz und die gewaltsame Anarchie der mittelalterlichen Familienfehden und Clankämpfe. Noch heute wäre eine Recht und Ordnung wahrende Instanz in Ländern wie Afghanistan u. a. ein Segen für die Menschheit.
Und doch ist da etwas, das eine archaische Gefühlsebene anspricht, die nicht allein aus der Vergegenwärtigung einer Zeit entstammt, in der Widerstand bitter nötig und heldenhaft war. Ob der Platz Maidan heißt oder Tahrir: wenn sich Massen gegen ein Unrechtsregime versammeln, gerät das bürgerliche Publikum in Mit-Leidenschaft – ohne dass es auch nur eine blasse Ahnung hätte, ob das, was auf den gelungenen Widerstand folgt, die bessere Ordnung schafft. Manch heroischer Widerstand entpuppt sich als die gewalttätige Konkurrenz um die Macht und somit als der Teufel, der den Beelzebub austreibt.
Eines, immerhin, ist gewiss: kaum ein Widerstand ist gefahrloser als der gegen Studiengebühren.
Freitag, 2. Mai 2014
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