„Parité!“ heißt der Schlachtruf der Stunde. Nun, früher
nannte sich das schlicht Parität, und das neue wording erinnert ein bisschen an
den abgespreizten kleinen Finger beim Zummundeführen eines Mokkatässchens.
Damenhaft, eben. Aber das hat sicher nichts mit dem zu tun, worum es geht: es
sollen mehr Frauen in die Parlamente einziehen, damit ihre Interessen
entsprechende Berücksichtigung finden.
Also: mehr Gerechtigkeit in unseren Parlamenten! Dagegen
können eigentlich nur alte weiße Männer etwas einwenden. Doch nüchtern
betrachtet ist der Vorstoß, der in Brandenburg bereits Gesetzeskraft hat, auch
aus Frauensicht unsinnig. Denn er baut auf zweifelhaften Annahmen auf.
Das erste Argument gegen „Parité“: ein Parlament ist kein
Lobbyverein oder eine Stammesversammlung, wo jede Interessengruppe Anspruch auf
Sitz und Stimme hat. Das zweite: in Deutschland steht es jeder Frau frei, einer
Partei beizutreten, das ist gemeinhin der Weg ins Parlament. Bereits heute aber
gibt es mehr weibliche Mandatsträger im Bundestag als ihrem Anteil in den dort
vertretenen Parteien entspricht. Nebenbei widerspricht es dem Grundgesetz, wenn
Menschen innerhalb der Parteien wegen ihres Geschlechts bevorzugt werden.
Es ist doch paradox: Man müsste Frauen in die Parteien zwingen,
damit die gewünschte Parität entsteht. Und mit dem Quotierungsgebot wird jenen
Menschen, die man soeben als „Divers“ zu respektieren gelernt hat, wieder
aufgezwungen, sich im politischen Raum für eines der beiden Geschlechter zu
entscheiden. Was soll das also?
Der Vorschlag von Justizministerin Katarina Barley, Parteien
von der Wahl auszuschließen, die keine quotierte Liste einreichen, ist schlicht
verfassungswidrig, denn er stellt die Gleichheitsforderung über die
Wahlfreiheit. Einer Justizministerin sollte es eigentlich nicht unterlaufen, zu
behaupten, dass Männer „Unfug“ anrichteten, den Frauen hernach „aufräumen“
müssten, wie sie über den Brexit gesagt hat (den übrigens auch 49 % der britischen
Wählerinnen befürwortet haben). Man könnte das glatt für eine Diskriminierung
von Männern halten.
Die neue Kampagne unterstellt, dass Frauen sich noch immer
nicht frei entscheiden könnten, wenn es um politische Macht geht, dass sie noch
immer Opfer seien, denen aufgeholfen werden müsse.
Schon der reine Augenschein steht dagegen. Seit Jahren wird
in allen Parteien, auf allen Podien, in vielen öffentlichkeitswirksamen Gremien
händeringend nach Frauen gerufen. Die Umworbenen zieren sich jedoch. Sie wollen
offenbar nicht, was sie doch dürfen, ja sollen. Das gilt übrigens auch für alle
Berufe, in denen mehr als üblich verdient wird: Je geringer die Benachteiligung
von Frauen in einem Land ausfällt, desto seltener schließen sie ein
naturwissenschaftliches oder technisch orientiertes Studium ab. Sie haben
andere Optionen und womöglich auch andere Interessen und Fähigkeiten als
Männer.
Das widerspricht nun allerdings der Vorstellung von der
prinzipiellen Gleichheit der Geschlechter, doch lässt sich das leicht ins
Positive wenden. Etwa mit dem Argument, gerade in der Politik brauchten wir
genuin weibliche Qualitäten, jene menschliche Wärme eben, die man unsereins
nachsagt, und nicht kalte Zahlen und Fakten, offenbar eine männliche
Spezialität.
Dass es in der Politik Wärme brauche, ist ein Behauptung, die
nun schon seit Jahrzehnten kursiert. Doch manch einer hätte stattdessen womöglich
lieber so unsinnliche Dinge wie eine funktionierende Infrastruktur und mehr von
jener Ingenieurskunst, für die Deutschland einst bekannt war. Für menschliche
Wärme sind die Bürger selbst zuständig, Politik dient lediglich der Schaffung
von Rahmenbedingungen.
Nun hieß es in der Frauenbewegung vor Jahrzehnten bei Kritik
an der Quote, Gleichberechtigung sei erst dann erreicht, wenn ebenso viele
dumme Frauen wie dumme Männer wichtige Positionen einnehmen können. Sicher. Es
gibt böse Zungen, die behaupten, in der Politik sei das doch längst der Fall. Dann
wären viele Frauen womöglich wirklich die Klügeren: nämlich jene, die sie sich
auf das politische Spiel gar nicht erst einlassen.
Im Ernst: hier geht es um Machtkampf – nicht um Wohltaten
zugunsten benachteiligter Frauen. Und in diesem Machtkampf sind offenbar alle
Mittel recht: auch das der Diskriminierung aller Männer durch eine Ministerin,
die für Justiz zuständig ist. Wir erinnern uns: Justitia ist die mit den
verbundenen Augen, damit sie ohne Ansehen der Person allein über den
Sachverhalt urteilt.
Die derzeit bei den Damen an der Spitze beliebte
Geschlechterpolitik lässt nichts Gemeinsames mehr übrig. Sie spaltet. Und das
macht die Welt nicht freier, sondern ärmer.
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