Eine noch
nicht einmal vier Jahre alte Partei bringt die verkrusteten Verhältnisse zum
Tanzen. Und das ist gut so.
Die AfD stabilisiert das System. Wer die parlamentarische
Demokratie in der Tiefe seines Herzens für alternativlos hält, sollte das erst
einmal vorbehaltlos begrüßen. Denn die Wähler haben mit dieser Partei endlich
wieder die Möglichkeit erhalten, die Demokratie vorsieht: nicht nur das schon
länger vorhandene Angebot zu wählen, sondern auch, es abzuwählen. Die AfD ist tatsächlich
eine Alternative, mit der man den bestehenden Parteien kund tun kann, dass man
mit der Konsenspolitik der letzten Jahre nicht zufrieden sind. Sie ist systemkonform
– oder wäre ihren Kritikern außerparlamentarische Opposition aller Orten a la
Pegida lieber?
Kurz: es gibt Konkurrenz, und die belebt nicht nur das
Geschäft.
Das Haar in der Suppe ist natürlich schnell gefunden. Denn die
AfD stärkt das System auch auf durchaus negative Weise: hält sich die Partei, ohne
eine regierungsfähige Größe zu werden, gibt es GroKo bis ultimo, ergänzt vielleicht
von handzahmen Grünen oder Rotroten.
Doch darüber zu reden ist derzeit müßig. Die AfD ist nicht
regierungsfähig und sie will es auch gar nicht sein. Sie will auf andere Weise
Einfluss nehmen: indem sie Themen auf die Agenda setzt, denen die Altparteien
(und die sie begleitenden Medien) am liebsten ausweichen würden. Sie besetzt
die Lücke, die andere gelassen haben, nicht nur, aber sicher vor allem das
mittlerweile unendlich weite Feld rechts von der Merkel-CDU. Ganz nebenbei hat
sie die NPD überflüssig gemacht, bis dato für manch einen die einzige
Möglichkeit, mit der Wählerstimme Protest auszudrücken – eine hygienische
Maßnahme, die man begrüßenswert finden kann.
Vor allem gibt es endlich wieder eine Opposition in wichtigen
Fragen der Nation, vom Euro über die EU und die „Energiewende“ bis hin zum
Staatsversagen in der zu Unrecht so genannten Flüchtlingsfrage. Die CSU wäre
die einzige politische Kraft, die der AfD in diesen Fragen entgegentreten
könnte. Doch täte sie es, wäre ihr Ende gewiss. Auch für die CSU ist die AfD
nützlich.
Doch wie Herdentiere, die aus Angst vor dem Tod Selbstmord
begehen, leisten sich Politiker und manch ein Medienmensch wie im Wahn den
Fehler, den man in einer Demokratie nicht machen sollte: das Volk wird
beschimpft. Nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern hieß es prompt und mit nur
schwach gebremster Menschenverachtung, hier hätten sich ja nur die
minderbemittelten Dumpfdeutschen ausgetobt, die Zukurzgekommenen und Frustrierten
der Nation. Pack und Pöbel.
Der aufgeklärte Metropolenmensch, der täglich Umgang mit
Multikulti pflegt, amüsiert sich am meisten mit dem Argument, das seien doch
alles Menschen, die vor etwas Angst hätten, dass sie noch nie gesehen haben.
Bämm! Das sitzt, gell?
Nun ist es alter Brauch in Deutschland, insbesondere in
seinem westlichen Teil, Angst zu haben vor etwas, das einen nicht betrifft, sei
es ein Tsunami in Japan oder ein Sack Reis in China. Und mit Angst vor einer
Klimakatastrophe macht eine ganzer industriell-ökologischer Komplex mitsamt
Beraterindustrie blendende Geschäfte.
Neuerdings aber finden Politiker Angst nur dann prima, wenn
sie selbst es sind, die sie schüren.
Doch seit wann muss man persönlich kennen, was man fürchten
darf? Und sollte man nicht selbst dem einen oder anderen dumpfdeutschen Wähler
unterstellen dürfen, dass er persönliche Betroffenheit von einer Analyse der
politischen Lage unterscheiden kann? Es gibt Gründe, jugendliche Zuwanderer zu
fürchten, wenn sie in angeheiterten Massen auftreten. Angst haben muss man
jedoch vor allem vor einer Regierung, die den Kontrollverlust über die eigenen
Grenzen nicht nur hinnimmt, sondern nachgerade für alternativlos hält.
Genau darum geht es – um die wachsende Proteststimmung im
Land, die sich ein Ventil sucht. Am wenigsten hilfreich ist die Diskussion über
einen „Rechtsruck“ in Deutschland, jedenfalls nicht, wenn man den Linksruck der
Merkel-CDU außer acht lässt. Denn das meiste, was man heute der AfD vorhält,
kann man der CDU (und Angela Merkel) vor, sagen wir: zehn Jahren vorhalten.
Angela Merkel fand starke Worte gegen „Multikulti“, wollte ungezielte
Einwanderung unterbinden und war so "völkisch", wie es sich für eine Politikerin
gehört, die Kanzler Deutschlands werden will, der sich per Amtseid mit aller Kraft dem Wohle des deutschen Volks zu widmen hat.
Kurz: erst jenseits der eingeübten Reflexe lässt sich über
anderes reden. Zum Beispiel über die AfD.
Ja, dort gibt es dubiose Gestalten und eigenartige bis
widerwärtige Auffassungen. Doch niemand muss mit einer Partei in toto
einverstanden sein, wenn er sie nur deshalb wählt, weil er die anderen erst
recht nicht wählen kann.
Im übrigen ist das, denkt man an die Grünen, wahrscheinlich
bei allen Parteineugründungen so, die auch Menschen anziehen, die es sonst zu
nichts gebracht haben, auch nicht zur Ochsentour durch die etablierten
Parteien. Die Grünen waren die erfolgreichste Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der
80er Jahre, ohne sie hätten es nie so viele Menschen in den Bundestag
geschafft, die nichts gelernt und keinen Beruf ausgeübt und auch sonst von
Tuten und Blasen keine Ahnung hatten, die den Kampf gegen das Gewaltmonopol des
Staates für eine prima Sache hielten, Päderastie und die PLO unterstützten und
zwischen gewählten Abgeordneten und Partei nicht unterscheiden konnten. Ihnen
das nach all den Jahren vorzuhalten, wäre unanständig. Die Grünen müssen sich
Kritik für das gefallen lassen, was sie heute sind. Einige dort sind noch immer
linke Weltverbesserer, die leider in die Lage geraten sind, Schaden
anzurichten.
So weit ist die AfD noch nicht, und es wird von den anderen
Parteien abhängen, ob sie jemals so weit kommt. Mit dem Lernprozess ihres
Personals aber wird man rechnen dürfen.
Der letzte Absatz entwertet den ganzen Post komplett.
AntwortenLöschenSollte es jetzt AfD-Lobhudelei oder Grünen-Bashing werden?
Für eines müsste man sich entscheiden
Frau Stephan ist eine der wenigen Intellektuellen deutscher Sprache, deren Denken nicht vom NS-Staat derart überschattet ist, dass sie im Wort „Rechts“ schon den Anfang vom Ende sieht.
AntwortenLöschenMan braucht nur einmal Debattenbeiträge der 80er und 90er Jahre lesen um zu verstehen, wie verkommen die politische Landschaft in Deutschland geworden ist, auch wenn in jenen Jahren die Großmeister der Debatten, Habermas, Wehler, Grass, Jens und später noch der beliebte Joschka Fischer die Richtung wiesen, in deren Misere heute Deutschland und mit ihm Europa stecken.
Schön, dass der Post auch auf der "Achse" erschienen ist. Die Rechtschreibfehler dort sollte man aber vielleicht noch entfernen.
AntwortenLöschenHeute ist Wahl. Wir sind gespannt.
AntwortenLöschenWieso muss man sich entscheiden? Die Grünen sind unsäglich, und letztlich unnütz, denn sie wollen nichts verändern, sondern nur verschlimmern. Und die AfD hat sich halt noch nicht berappelt.
AntwortenLöschenWohne auch auf dem Land. Da macht es noch Sinn gegen zu viele Migranten zu sein weil es noch keine oder nur wenige gibt. In Berlin bringt das ja nichts mehr. Da kommt es tatsächlich auf 100.000 mehr oder weniger nicht an. Zudem sind sie von Touristen oft nicht zu unterscheiden. Ich habe eigentlich gegen niemanden was. Was mich jedoch extrem stört sind die wahnsinnig hohen Kosten. Sollen ja so rund 50 Mrd. € pro Jahr sein. Was könnte man damit so alles machen ?!
AntwortenLöschen50.000.000.000 Euro. Das ist das Preisschild der Migrationskrise allein für das laufende und kommende Jahr. … Genug Geld, um jedem der 870.000 Bafög-Empfänger 57.000 Euro in die Hand zu drücken, jedem der rund 500.000 Rentner mit Grundsicherung 100.000 Euro zu überweisen, jeder der 107 deutschen Universitäten das Budget um eine knappe halbe Milliarde zu erhöhen oder schlicht jedem der rund 43 Millionen Erwerbstätigen geleistete Steuern in Höhe von 1.162,79 Euro zurückzuzahlen. Breitband f+r alle wäre wohl auch noch drin.
LöschenUnsere Schulen benötigen 34 Milliarden, damit der Schimmel von den Wänden kommt. Kaputte Schulen und Lehrermangel? Kein Geld! Sozialer und bezahlbarer Wohnungsbau? Außer neue Reihenhäuser für "Flüchtlinge", kein Geld! Gute Bezahlung für Pflegekräfte? Kein Geld! Marode Autobahnen und Brücken? Kein Geld! Steuersenkungen? Kein Geld! Geschlossene Schwimmbäder, Theater und öffentliche Bibliotheken? Kein Geld!
Die AfD ist inzwischen leider zu weit nach rechts gerückt, als dass es noch einen Wert hätte. In Stuttgart zeigte man erst klare Kante, und knickte dann vor der eigenen Basis ein und vereinigte sich sang- und klanglos wieder mit Leuten, die eben noch einen Antisemiten nicht ausschließen wollten: Deutlicher geht es nicht mehr. Meuthen ist KO. Und damit die AfD. Zum Islam hat man die Solidarität mit Reformern gestrichen und ist jetzt auf breiter Front auf die Linie geschwenkt, dass der Islam nicht reformiert werden kann. Einige "Ethnopluralisten" sagen sogar: Nicht reformiert werden darf. (Trump und Fillon sehen das ganz anders als die AfD.) Man greift sich an den Kopf, die Konsequenzen dieser Haltung sind menschenfeindlich. Da hilft auch kein Artikel von Alice Weidel. Kein Wunder, dass ausgerechnet jetzt der notorische Islam-Nichtversteher Nicolaus Fest beigetreten ist. Da wächst zusammen, was zusammen gehört. Im Bundesprogramm befindet sich jetzt eine Passage aus einem Änderungsantrag, über den gar nicht abgestimmt wurde (Islamlehrstühle abschaffen): Geht es noch undemokratischer? Und Gauland schnoddert sich durch die Talkshows mit der Aussage "Wir wollen die Flüchtlinge nicht!" Früher dachte ich, der Mann vereinfacht. Inzwischen weiß ich: Der denkt wirklich so einfach. Statt der Hinterfragung, ob es denn Flüchtlinge sind, oder der Hinterfragung, ob man ihnen ausgerechnet in D helfen muss, einfach nur das plumpe Geschnodder, dass wir sie hier nicht wollen und Punkt. Und zwar immer wieder. Gauland und Höcke führen dann ja auch die Dreierspitze zur Bundestagswahl. - Man muss leider der Tatsache ins Auge sehen, dass der ersehnte Rechtsruck der AfD inzwischen faktisch vollzogen ist. Und damit ist die AfD genauso gescheitert wie alle entsprechenden Rechtsparteien zuvor. Ja, es ist schade. Aber es ist eine Tatsache. Man könnte sich überlegen, ob man noch aus purem Protest die AfD wählt. Mehr ist aber nicht drin.
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